Dienstag, 4. November 2014

Nikkō, Part II, Tamozawa Imperial Villa Memorial Park

(Dies ist der zweite Teil des kleinen Reiseberichts um Nikkō. Der erste Teil findet sich hier: Nikko Part I.)
Wie im letzten Eintrag angekündigt, zogen wir von der Schrein- und Tempelanlage in Richtung Tamazowa Imperial Villa Memorial Park – Park bezeichnet hierbei das gesamte Areal des Gebäudes mit dem zugehörigem Garten.
Der Besuch dieser Museumsanlage hat sich definitiv gelohnt! Davon, dass die Tamazowa Villa ein Geheimtip wäre, kann keine Rede sein, ist sie doch in dem offiziellen „Reiseführer“ von Nikko (ein beidseitig bedrucktes A4-Blatt, das man bei der Anreise erhält) als Ort von Interesse aufgeführt – dennoch fanden sich dort nur sehr wenige Touristen. Während unseres gesamten Aufenthalts von gut zwei Stunden zählte ich vielleicht gerade einmal ein Dutzend andere Besucher. Alles war sehr ruhig und idyllisch, vielleicht so wie ich mir das traditionelle Japan vorgestellt hatte.
Alle Räume, bei denen dies architektonisch möglich war, wurden durch verschiedene Öffnungen oder Zugänge mit dem umliegenden, oder mit innerhalb des Gebäudekomplexes liegenden Gärten verbunden, wodurch der Garten und die Räumlichkeiten ineinander übergingen und eine gemeinsame Einheit wurden. Keiner der Räume wirkte überladen oder überdimensioiniert, es gab kein unnötiges Schmuckwerk, alles schien sehr aufgeräumt und harmonisch. Die Räume bestanden fast allesamt aus traditionellen Papierwänden (Shoji und Fusuma) und waren mit Tatami ausgelegt (entsprechend entledigt man sich am Eingang des Museums seines Schuhwerks). Manche Flure waren teilweise mit westlichen Teppichen ausgelegt. Die verwendeten Materialien waren abgesehen vom Glas (ebenfalls durch den Einfluss der westlichen Moderne bedingt) allesamt natürlichen Ursprungs. Leider habe ich von den Räumlichkeiten selbst nicht so viele Fotos, da ich mich eher für die japanischen Gärten, sowie deren Integration im Raumbild interessierte.
Japanische Gartenkunst ist ein Kapitel für sich. Ich weiß nicht, ob es andere Kulturen gibt, bei denen die Gartengestaltung insbesondere in der Vergangenheit eine so wichtige kulturelle und philosophische Rolle spielt(e), wie in Japan. Seit jeher versuchte man hier, die Natur so gut es geht in den Lebensraum der Menschen zu integrieren – eigentlich ein Paradoxon, wenn man bedenkt, dass die Natur insbesondere in Japan immer wieder für große Katastrophen sorgt. Vielleicht ist dies ein Versuch, die Natur zu „kontrollieren“?
Ein Ziel japanischer Gartengestaltung ist es seit jeher, die Natur so perfekt wie möglich aussehen zu lassen, was nicht bedeutet, dass es besonders „schön“ sein soll, sondern dass die Natur möglichst „natürlich“ und harmonisch wirkt. Dazu wurden in der Vergangenheit sogar spezielle Harmonieregeln aufgestellt, nach denen sich die klassische Gestaltung japanischer Gärten bis ins kleinste Detail auch heute noch richtet. (Das aber nur am Rande, da ich erstens selbst nicht detailliert genug Bescheid weiß und es zweitens den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde.) 
Da es in Japan nur wenig Platz gibt und nicht jeder Haushalt einen eigenen Garten haben konnte, führte dieser wichtige Aspekt der japanischen Wohngepflogenheiten auch zur Suche der „Perfektionierung der Natur im Kleinen“, dem Ikebana und Bonsai (natürlich ist Platzmangel aber auch nur eine von vielen Einflüssen, die zu der Entstehung dieser Kunstformen führte).
Der Platz um die imperiale Villa herum war jedoch groß genug um diesen mit einem umfangreichen und wunderschönen japanischen Garten zu füllen, der insbesondere nun zur Herbstzeit einen ganz besonderen Reiz entfaltet.
Es war bereits kurz vor Schließung des Museums, das Wetter wurde schlechter und der Abend brach herein, was allesamt dazu führte, dass ich in dem großen Areal ganz alleine unterwegs war und mich ungestört auf die Harmonie dieser ganz eigenen Welt einlassen konnte. Ein besonderes Erlebnis und tatsächlich eines der Dinge, weshalb ich nach Japan gekommen bin.

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