Dienstag, 9. Dezember 2014

Kalligraphie und Christmas-Illumination



書道 – »Shodō« bedeutet wörtlich übersetzt »Weg des Schreibens« und ist eine der sogenannten, traditionellen Wegkünste Japans. Die gesamte Kunst der Kalligrafie wurde ca. im 6. bis 7. Jahrhundert von China übernommen. Auch heute noch kann man in kleinen Workshops unter erfahrenen japanischen Kalligrafen diese Technik erlernen.
So für mich geschehen am letzten Samstag in Tokio. Genauer gesagt im Stadtteil Harajuku. Eine amerikanische Kommilitonin aus einem anderen Austauschprogramm hatte mich zu dem Workshop mitgenommen, in dem eine Neujahrskarte geschrieben werden sollte. Sie hatte bereits in anderen Tageskursen Übung erlangt und von ihren Erfahrungen berichtet.
Um die japanische Kalligrafie betreiben zu können, braucht man entweder einen Kalligrafie-Pinsel, oder einen sogenannten »Brush-Pen«, eine Art Stift, der in der Funktion, Handhabe und seinem Strichstil dem Kalligrafie-Pinsel nachempfunden wurde. So einen Stift kann man hier vielerorts für umgerechnet 4 Euro erwerben. Der Workshop selbst fand in einem großen Gebäude, gelegen in einer Seitenstraße, in einem Washitsu, einem traditionell japanischen Raum statt. Es gibt dort keine Stühle, nur Kissen, und niedrige Tische. Man muss also im Knien arbeiten – nach knapp 2 Stunden wurde dies doch ziemlich unbequem für den ungelenken westlichen Bürger. Der Workshop war sehr interessant und man lernt ziemlich viel, obwohl der Trainer rein japanisch spricht und man sich eher mit Trial & Error an die "korrekte Form" herantastet, als aus den verbalen Korrekturen des Trainers zu lernen. Besonders spannend fand ich die Verknüpfung der eigenen Strichführung mit der Atmung. Man wird dadurch automatisch gezwungen, sich für die einzelnen Zeichen eine gewisse Zeit zu nehmen und wird durch die kontrollierte Bewegung und Atmung unbewusst ruhiger – man könnte es mit einer Art Meditation vergleichen. (In dem Video sieht man übrigens die geschickten und ruhigen Hände des Senseis – wohl aber auch zu erkennen an der Präzision der geschriebenen Kanji.)
Nach dem Workshop sind wir dann einige Zeit durch Harajuku gestreift. Wir haben die Neueröffnung eines Tamagotchi-Stores miterlebt – ja diese Dinger gibt es immer noch (ich dachte, die wären Ende der 90er ausgestorben) und sie haben sich weiterentwickelt! Große, farbige Displays, viele Tasten, netzwerkfähig, doppelt so groß und fünfmal so teuer. Aber die Sticker, die Donuts (ein Foto davon gibt's bald auf einer der Fotowände) und die großen Werbemaskottchen auf den Straßen waren schon ziemlich kawaii. Einige Zeit später haben wir einen kleinen, aber proppevoll gepackten Thriftshop (sowas wie ein Second-Hand Laden) für Spielwaren entdeckt – das Paradies für jung gebliebene Hipster und spielfreudige Vintagefreunde. Der gesamte Inhalt der Ladenfläche ist auf dem Sammlermarkt sicherlich ein kleines Vermögen wert. Danach machten wir uns auf den Weg nach Roppongi zur Besichtigung der japanischen Weihnachtslichter.

Eine weitere Besonderheit zur japanischen Weihnachtszeit ist (neben der verrückten Erdbeer-Saison im Winter) die vielerorts innerhalb der öffentlichen Orte zu entdeckende Weihnachtsbeleuchtungen. Privates Leuchtgeschmeide der eigenen vier Wände ist eher unüblich, denn Weihnachten ist in Japan nicht unbedingt ein familienwichtiges Datum – es handelt sich eher um einen kommerzielles West-Import, als um ein Familienfest. Wohl das markanteste Merkmal ist, dass es Kentucky Fried Chicken geschafft hat, in Japan die vermeintliche Tradition zu verankern, dass man zu Weihnachten Fried Chicken isst. Auch die Shopping-Center beschallen täglich mit Weihnachtsmusik. Dennoch hat diese Kommerzialisierung des Weihnachtsfest auch durchaus schöne Seiten, wie die eben hier erwähnte Weihnachtsbeleuchtung die mit – ich kann es nur immer wieder betonen – japanisch-typischer Liebe zum Detail und großem Aufwand teilweise sehr großflächig installiert wird. Hübsch anzusehen ist dies dann doch etwas, an dem oft die ganze Familie teilhaben möchte.

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